Aktivierende Pflege zielt darauf ab, vorhandene Fähigkeiten und Ressourcen von pflegebedürftigen Personen zu fördern, statt ihnen alle Aufgaben abzunehmen. Diese Vorgehensweise ist am Anfang oft aufwändiger, stärkt auf Dauer aber die Selbstständigkeit. Das ist das Grundprinzip der aktivierenden Pflege.
Bei der aktivierenden Pflege ist es wichtig, dass die pflegebedürftige Person bei allen Maßnahmen mit einbezogen wird – jedoch ohne Überforderung. Eine wertschätzende Zuwendung und Unterstützung zur Selbsthilfe stehen im Mittelpunkt der aktivierenden Pflege. Auch und gerade bei Demenz spielt die aktivierende Pflege eine wichtige Rolle: Gezielte Beschäftigungen, Bewegung und vertraute Rituale können die geistigen und seelischen Kräfte anregen und den Verlust der Fähigkeiten verlangsamen.
Definition. Aktivierende Pflege bedeutet "Unterstützung zur Selbsthilfe" - pflegebedürftige Menschen werden aktiv einbezogen und ermutigt, möglichst viel selbst zu tun.
Ziele. Erhalt und Förderung der Selbstständigkeit, Stärkung des Selbstwertgefühls, mehr Teilhabe am Leben und Verlangsamung des Pflegebedarfs.
Umsetzung. Geduld und Einfühlungsvermögen sind entscheidend. Nur nötige Unterstützung geben, kleine Erfolge loben, sichere Umgebung schaffen mit geeigneten Hilfsmitteln.
Grenzen. Individuelle Tagesform respektieren, Überforderung vermeiden, realistische Ziele setzen und Würde der pflegebedürftigen Person wahren.
Eine Seniorin schält Kartoffeln – eine alltägliche Tätigkeit, die sie mit etwas Unterstützung noch selbst erledigen kann. Dieses Beispiel veranschaulicht, wie die aktivierende Pflege funktioniert: Pflegebedürftige Menschen werden dazu ermutigt, im Alltag möglichst viel selbst zu tun. Statt ihnen jede Unterstützung abzunehmen, setzt diese Form der Pflege auf das Fördern von vorhandenen Fähigkeiten und die Stärkung der Selbstständigkeit. Gerade für Menschen im höheren Alter, Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie pflegebedürftige Personen bedeutet dies ein höheres Selbstwertgefühl und aktive Teilhabe trotz Pflegebedürftigkeit. Sie mobilisiert die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der pflegebedürftigen Person.
Aktivierende Pflege ist eine Form der Unterstützung, bei der pflegebedürftige Menschen so gepflegt werden, dass sie möglichst selbstständig bleiben oder werden. Anstatt ihnen alles abzunehmen (wie es bei rein versorgender Pflege oft geschieht), werden sie bei jeder Handlung aktiv mit einbezogen. Die pflegebedürftige Person soll – ihrem Zustand entsprechend – weitgehend selbst tun, sei es beim Waschen, Anziehen der Kleidung, Essen oder Bewegung. Pflegende Personen handeln nicht für den Menschen, sondern mit ihm zusammen. Dieses Konzept nennt man auch „Unterstützung zur Selbsthilfe“: Man nimmt den Menschen sprichwörtlich an die Hand, ohne ihm alles aus der Hand zu nehmen. Dadurch bleibt die Person geistig und körperlich engagiert, statt passiv zu werden.
Bereits ein Blick ins Gesetz zeigt die Bedeutung der aktivierenden Pflege: Auch die gesetzlichen Grundlagen betonen das Prinzip der aktivierenden Pflege – es soll ein selbständiges, würdevolles Leben ermöglicht und die vorhandenen Kräfte erhalten werden.
Die aktivierende Pflege hat das Ziel, die Selbstständigkeit und Eigenständigkeit der pflegebedürftigen Person so lange wie möglich zu erhalten oder sogar zu verbessern. Pflegebedürftige sollen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Vorhandene Fähigkeiten werden durch entsprechende Maßnahmen gefördert, damit der pflegebedürftige Mensch Alltagsdinge weiterhin (oder wieder) selbst erledigen kann. Dadurch bleibt er körperlich aktiviert und geistig gefordert. Langfristig kann diese Vorgehensweise dazu beitragen, die Pflegebedürftigkeit hinauszuzögern: Der Betroffene benötigt weniger Unterstützung.
Weitere wichtige Ziele sind die Förderung des Selbstwertgefühls und der Lebensqualität der pflegebedürftigen Person. Wenn jemand trotz Alter oder Krankheit noch Aufgaben selbst meistern kann, fühlt er sich gebraucht und wahrgenommen. Gleichzeitig bedeutet aktivierende Pflege mehr Teilhabe – die Person bleibt Teil der Gemeinschaft, kann soziale Kontakte pflegen und erlebt weiterhin Sinn im Alltag. Dies wirkt Vereinsamung und Depression entgegen. Auch Angehörige profitieren, denn ein selbstständigerer Pflegebedürftiger entlastet auf Dauer alle Pflegenden im Pflegealltag.
Damit aktivierende Pflege gelingt, gibt es einige Grundsätze. Der wichtigste Grundsatz ist, sich immer zu fragen: Was kann die pflegebedürftige Person noch selbst tun? Entsprechend erhält sie nur die wirklich nötige Unterstützung – nicht mehr und nicht weniger. Geduld und Einfühlungsvermögen sind entscheidend (sie gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen), denn oft dauert es länger, bis der Mensch eine Tätigkeit selbst geschafft hat. Pflegende müssen auch akzeptieren, dass etwas vielleicht etwas umständlicher oder nicht perfekt erledigt wird, wenn der pflegebedürftige Mensch es selbst versucht. Kleine Erfolge sollten gelobt werden, um die Motivation zu stärken.
Zur aktivierenden Pflege gehören zahlreiche Pflegemaßnahmen, die individuell an den Fähigkeiten, Bedürfnissen und vorhandenen Ressourcen des Betroffenen ausgerichtet sind. Die Aufgaben der pflegenden Angehörigen (und ggf. des Pflegedienstes) bestehen vor allem darin, den Menschen anzuleiten, zu ermuntern und zu begleiten. Beispielsweise kann ein Pflegender zunächst einen Handgriff vormachen, und die pflegebedürftige Person führt die nächste Handlung selbst aus. Wichtig ist, Hilfsmittel bereitzustellen und die Umgebung sicher zu gestalten, damit der Mensch gefahrlos üben kann (z.B. Sturzgefahr reduzieren durch Haltegriffe). Auch die Kommunikation ist zentral: Man sollte dem Pflegebedürftigen immer erklären, was warum getan wird, und ihn in Entscheidungen einbeziehen. So bleibt seine Selbstbestimmung gewahrt und er fühlt sich respektiert.
In der Praxis bedeutet dies auch eine Umstellung für alle Beteiligten. Anfangs ist aktivierendes Pflegen für die pflegebedürftige Person oft anstrengend und frustrierend, wenn etwas nicht gleich gelingt. Hier heißt es, behutsam vorzugehen: Überforderung vermeiden, Pausen einlegen und stets ermutigend zur Seite stehen. Auch für Pflegende bedeutet es mehr Aufwand, jede Handlung gemeinsam zu machen anstatt sie schnell selbst zu erledigen. Mit der Zeit jedoch zahlt sich dieser Ansatz aus, denn die Person gewinnt durch die aktivierende Pflege mehr Unabhängigkeit und die Pflege wird im Verlauf sogar leichter – da der Pflegebedürftige vieles wieder selbst übernehmen kann.
Auch und gerade bei Demenz spielt die aktivierende Pflege eine wichtige Rolle, auch wenn hier besondere Herausforderungen bestehen. Demenzkranke Patientinnen und Patienten haben oft das Bedürfnis, weiterhin gebraucht zu werden und vertrauten Tätigkeiten nachzugehen. Eine aktivierende Pflege berücksichtigt diese Bedürfnisse. Wichtig ist eine ruhige, gewohnte Umgebung und feste Rituale, damit sich die Person sicher fühlt. Aufgaben sollten in kleine Schritte zerlegt werden. Zum Beispiel kann ein demenzkranker Angehöriger beim Auswählen der Kleidung oder Gemüseschneiden helfen, selbst wenn komplexere Tätigkeiten nicht mehr möglich sind. So erlebt der Betroffene Erfolgserlebnisse und fühlt sich beteiligt.
Bei der Durchführung der Pflege ist viel Geduld und Fingerspitzengefühl nötig. Angehörige sollten Überforderung vermeiden – Anzeichen von Frustration oder Unruhe gilt es ernst zu nehmen. Dann passt man das Tempo an oder bietet mehr Unterstützung an. Geeignete Aktivitäten können die geistigen und seelischen Kräfte stimulieren und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Zum Beispiel fördern Bewegung (Spaziergänge, leichte Gymnastik) und Gedächtnistraining (Erinnerungsspiele, gemeinsame Fotoalben anschauen) die Fähigkeiten und erhalten sie länger. Insgesamt setzt aktivierende Pflege bei Demenz darauf, dass der Betroffene möglichst viele vertraute Handlungen selbst ausführt und eine sinnvolle Beschäftigung hat – trotz fortschreitender Krankheit. Dies erhält so weit wie möglich seine Selbstständigkeit.
Eine aktivierende Pflege lässt sich in fast allen Lebensbereichen umsetzen. Im Folgenden einige Beispiele, wie man pflegebedürftige Menschen im Alltag einbeziehen kann:
Körperpflege: Die pflegebedürftige Person übernimmt so viel wie möglich selbst – z.B. Gesicht waschen oder Zähne putzen – während der Helfende nur bei Bedarf eingreift (etwa beim Waschen der Haare oder des Rückens).
Anziehen: Der Mensch wählt seine Kleidung selbst aus und zieht sich mit etwas Unterstützung an. Pflegende übernehmen schwierige Handgriffe (z.B. Knöpfe schließen), lassen aber alles, was der Betroffene alleine schafft, von ihm selbst erledigen.
Mobilität: Statt die Person ständig im Rollstuhl zu schieben, motiviert man sie zu ein wenig Bewegung – je nach Fähigkeit ein paar Schritte gehen (mit Stütze) oder zumindest selbst vom Bett in den Stuhl wechseln. Auch gemeinsame Spaziergänge oder das Leeren des Briefkastens fördern die Bewegung und reduzieren die Sturzgefahr.
Haushalt & Freizeit: Angehörige binden den Pflegebedürftigen in einfache Aufgaben ein, etwa beim Tischdecken, Gemüse schneiden, Wäsche zusammenlegen oder Blumen gießen. Auch gemeinsames Zeitunglesen, alte Fotos anschauen oder ein Brettspiel spielen zählen zu den Maßnahmen, die geistig anregen und für Erfolgserlebnisse sorgen.
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Mehr erfahren →Trotz aller Vorteile stößt auch die aktivierende Pflege an ihre Grenzen. Nicht jeder Tag ist gleich, und nicht jeder pflegebedürftige Mensch hat immer die Kraft oder Lust, bei allem mitzumachen. Hier ist es wichtig, die individuellen Grenzen zu respektieren. Aktivierende Pflege soll motivieren – darf aber nie in Bevormundung oder Zwang enden. Wenn eine Maßnahme den Patienten sichtbar überfordert oder ermüdet, sollte man eine Pause einlegen oder Unterstützung anbieten. Die Würde und Selbstbestimmung der pflegebedürftigen Person stehen immer an oberster Stelle.
Außerdem können fortschreitende Krankheiten oder starke körperliche Einschränkungen (etwa im sehr hohen Alter) dazu führen, dass bestimmte Fähigkeiten unwiederbringlich verloren gehen. Dann lässt sich auch mit viel Training nicht mehr Selbstständigkeit erreichen als ein gewisses Maximum. Diese Grenzen der Pflege müssen sowohl Betroffene als auch Pflegende erkennen und akzeptieren. Aktivierend zu pflegen heißt nicht, unrealistische Ziele um jeden Preis zu verfolgen. Stattdessen sollte man sich über kleine Fortschritte freuen und dem Pflegebedürftigen das Gefühl geben, wertvoll zu sein – selbst wenn er bei vielen Aufgaben dauerhaft Unterstützung braucht. Letztlich geht es um eine gute Balance zwischen Fördern und Übernehmen: so viel Unterstützung wie nötig, aber auch so viel Eigenständigkeit wie möglich.
Aktivierende Pflege kann grundsätzlich in allen Pflegeformen – ob häusliche Pflege durch Angehörige, ambulanter Pflegedienst oder stationäre Betreuung im Pflegeheim – aktivierend praktiziert werden. Wichtig ist, dass das Prinzip im Pflegeplan festgehalten und von allen Beteiligten mitgetragen wird. Zuhause fällt es Angehörigen manchmal leichter, aktivierende Elemente einzubauen, weil sie den pflegebedürftigen Menschen gut kennen und flexible Zeitfenster nutzen können. Das Personal in Pflegeeinrichtungen steht dagegen oft unter Zeitdruck oder hat viele Patienten zu versorgen, was die Umsetzung der aktivierenden Pflege erschweren kann. Dennoch bemühen sich gute Pflegeeinrichtungen, ihren Bewohnern ein hohes Maß an Selbstständigkeit zu ermöglichen – etwa durch Angebote zur Mobilisierung, Gedächtnistraining oder gemeinschaftliche Aktivitäten.
In der Altenpflege und Geriatrie (Altersheilkunde) ist die aktivierende Pflege fest etabliert. Geriatrische Patienten erhalten beispielsweise im Krankenhaus oder in der Reha eine rehabilitative Versorgung nach dem Motto "rehabilitativ aktivierend". Oft kommt hier auch das Bobath Konzept zum Einsatz, um nach Schlaganfällen oder bei Parkinson-Patienten die Bewegung und Körperwahrnehmung zu fördern. Therapeuten und Pflegende arbeiten dabei Hand in Hand, um verloren gegangene Fähigkeiten bestmöglich wieder anzutrainieren. Diese aktivierend-therapeutischen Maßnahmen zeigen, dass aktivierende Pflege nicht nur in der Altenpflege, sondern in allen Bereichen der Gesundheits- und Krankenpflege von großer Bedeutung ist. Bei Patienten in allen Versorgungsbereichen sollte stets die aktivierende Pflege im Mittelpunkt stehen.
Auch für Familienmitglieder, die zuhause einen Angehörigen pflegen, ist die aktivierende Vorgehensweise empfehlenswert. Folgende Tipps helfen bei der Durchführung im Alltag:
Beratung einholen: Lassen Sie sich von Experten beraten. Hausärzte oder Geriater können einschätzen, welche Aktivitäten sinnvoll sind und worauf zu achten ist. Auch Pflegedienste geben gern Ratschläge zur aktivierenden Pflege.
Schulungen nutzen: Die Pflegeversicherung und Pflegekassen bieten kostenlose Pflegeschulungen oder Kurse an, in denen Angehörige die aktivierende Pflege praktisch üben können. Dort lernt man z.B. rückenschonende Handgriffe, den Einsatz von Hilfsmitteln und den Umgang mit Demenz.
Pflegeplan abstimmen: Arbeiten Sie mit allen Beteiligten zusammen. Wenn der Pflegedienst mit im Boot ist, sprechen Sie sich mit ihm ab, welche Maßnahmen im Pflegealltag wie umgesetzt werden sollen. Legen Sie im Pflegeplan gemeinsam fest, bei welchen Aufgaben der Pflegebedürftige eigenständig mitwirken soll.
Realistisch bleiben: Setzen Sie sich und Ihrem Angehörigen erreichbare Ziele. Nicht alles klappt sofort – aktivierende Pflege braucht Zeit und Geduld. Vermeiden Sie Überforderung und akzeptieren Sie, wenn die Grenzen der Selbstständigkeit erreicht sind. Schon kleine Fortschritte sind ein Erfolg und oft das Wichtigste: Der Mensch fühlt sich eingebunden und wertgeschätzt. So kann die aktivierende Pflege auch zuhause langfristig erfolgreich umgesetzt werden.
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Jetzt beantragenDie aktivierende Pflege ist ein Ansatz, der pflegebedürftigen Menschen ermöglicht, ihr Leben so aktiv und eigenständig wie möglich zu gestalten und ihre Selbstständigkeit zu bewahren. Sie erfordert zwar Geduld, Einfühlungsvermögen und anfangs etwas mehr Zeit, doch sie lohnt sich für alle Beteiligten. Angehörige berichten oft, dass ihr Familienmitglied durch die aktivierende Betreuung an Lebensfreude gewinnt. Und der Pflegebedürftige selbst erlebt, dass er noch etwas schaffen kann – das stärkt sein Selbstwertgefühl. Das Wichtigste ist, die Würde und Selbstbestimmung des Menschen zu achten: Aktivierende Pflege bedeutet immer, mit dem Menschen zu arbeiten, nicht alles für ihn zu tun. Durch die aktivierende Pflege bleiben die Fähigkeiten länger erhalten, und die pflegebedürftige Person kann mit mehr Selbstständigkeit und Würde alt werden. Aktivierende Pflege ist somit ein Schlüssel zu mehr Lebensqualität im Alter.
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